Kajaktour – 8 Tage alleine über die Bowronlakes mit „einschneidenden“ Erlebnissen

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Nachdem ich in Kamloops meinen weiteren Reiseplan überdacht hatte, entschied ich mich dafür eine kurze Auszeit vom Radeln zu nehmen und per Bus die 800 km zu den Bowronlakes zurückzulegen um dort noch vor der Hauptsaison alleine eine Kajaktour zu absolvieren, welche mir die beiden Bergsteiger aus Vancouver ans Herz gelegt hatten.

Die Tour führt über die im Rechteck angeordneten 9 Seen, wobei über 110 Km zu paddeln sind sowie zwischen den einzelnen Seen das Kajak und die Ausrüstung insgesamt 10 km über Land zu zerren sind. Geplant war die Tour auf 8 bis 9 Tage aufzuteilen. Also ließ ich Rad und Hänger im Hostel von dem extrem freundlichen Koreaner „Garry“ und bestellte gleich noch meine in Vancouver lagernde Bremsscheibe in dieses Hostel, um diese dann nach meiner Rückkehr montieren zu können.

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Also gings wie in Südamerika mit 75 Liter Rucksack und Verpflegung für 12 Tage (mit Reservetagen) los. Erst mit dem Bus nach Quesnel und dann weiter per Anhalter in Richtung Seen. Ich habe es an diesem Tag nicht ganz bis an die Seen geschafft und in Cottonwood, einer historischen Goldgräberstadt, eine Kabine bezogen. Ich hatte die ganze historische Siedlung für mich alleine und als ich abends draußen saß, hätte ich fast denken können ich befinde mich im neunzehnten Jahrhundert zur Zeit des Cariboogoldrausches hier in B.C.

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Per Anhalter in nächstgrößeren Örtchen in der Nähe der Seen mit Namen Wells angekommen hab ich dann Stan getroffen, welcher mir sofort seine Hütte gezeigt und mir eine Axt für den Trip geliehen hat welche mir dann fast zum Verhängnis geworden wäre, wieso erfahrt ihr später. Stan hat mich dann gleich noch kurzerhand die 40 km zur Registrierungstelle an den Seen gefahren. Also registriert, Kajak gemietet und feuer frei am darauffolgenden Tag.

Los ging es dann im strömenden Regen, welcher den ganze Tag nicht besser geworden ist, was der Stimmung nicht wirklich zuträglich war. Also hab ich die erste Blockhütte auf dem Rundkurs gleich in Beschlag genommen um den Regen auszusitzen. Eigentlich war ja im Zelt nächtigen angedacht und nicht in der Hütte verkriechen. Aber wenn sich bei einem solchen Mistwetter die Möglichkeit einer Blockhütte mit Ofen bietet bin ich auch kein Kostverächter.

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Weiter ging es dann am zweiten Tag begleitet von heftigen Regenschauern mit einigen Transportpassagen über Land. Der Transport über Land wird mit Rädern die man die ganze Zeit dabei hat über solche schön steilen und mit jeder Menge Wurzelwerk versehenen Pfade bewerkstelligt.

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Alleine ist das eine mächtige Schinderei. Zudem muss jedes Mal die Ausrüstung aus Bug und Heck des Kajaks in die Mitte (wo man sonst sitzt) geräumt werden, damit das Kajak beim Transprt nicht auseinanderbricht oder Schaden nimmt. Nur gut das es jedes mal auf die Minute genau wenn ich ausgeräumt und eingeräumt habe es munter angefangen hat mit regnen und somit es immer in die sonst im Rumpf trocken verstaute Ausrüstung reingeregnet hat, was Flüche meinerseits gen Himmel zur Folge hatte. Weiterer Hasspunkt war die miserable Konstruktion der Räder, welche in einem hohen Schwerpunkt resultierte und es bei mir dadurch zum guten Ton gehörte die Fuhre mindesten einmal pro Transportpassage unzuwerfen. Bei einer solchen Aktion habe ich dann auch gleich mal das Ruder demoliert da ich es angebrochen und verbogen habe. Die Fuhre schwimmt aber auch mit demolierten Ruder noch ganz gut.

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Auf einer folgenden Transportetappe ist dann beim zu Wasser lassen des Kajaks ersteinmal eine Elchkuh mit Kalb in etwa 10 Meter Entfernung an mir vorbei getrottet. Das Foto ist ohne Zoom geschossen.

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Verdutzt schauend, da mir die ganze Sache nicht gehäuer war, habe ich mich vorsorglich nahe des kleinen Stahlschließkontainers positioniert der an den Transportetappen steht und für die bärensichere Zwischenlagerung von Essen gedacht ist, bereit mich dort hineizuzwängen falls die Elchkuh durchdreht. Aber das war zum Glück nicht nötig und Elchkuh und Kalb haben sich dann sich dann wieder in den Wald verkrochen.

Weiter gings dann mit einem durch den See schwimmenden Schwarzbären, wo ich nicht schlecht geschaut habe, da ich bis dahin nicht wusste, dass Bären gute schwimmer sind.

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Am zweiten Abend gab´s dann ein einschneidendes Erlebnis im wahrsten Sinne des Wortes. Beim Kleinhacken des Holzes für mein Lagerfeuer hab ich mir mit der Axt beinahe meine linke Daumenkuppe selber amputiert. Klassicher Fall von Vergessen die Hand wegzunehmen. Das ganze hat geblutet wie sau und sieht dann so aus – nicht gerade ein schöner Anblick oder?! Ich glaube sowas würde zu Hause genäht, aber das ging hier ein wenig schlecht.

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Nachdem ich den ganzen Strand vollgeblutet hatte, die Blutung gestoppt und die Kuppe verbunden war gingen mir dann Gedanken durch den Kopf ob die ganze Sache hier vielleicht Wölfe anlocken würde die man hier die ganze Zeit in den Tälern neben den Seen heulen hört. Die ganze akustische Abend- und Nachtkulisse ist wirklich beeindruckend und reicht vom donnernden Einschlag des Fischadlers ins Wasser welcher Beute macht über Wolfsgeheul, Eulenschreie und anderen für mich nicht zu definierenden Tiergeräuschen. Der dann auch aufklarende Himmel und die abendliche Bergkulisse luden dann zum Sitzen vor dem Zelt ein.

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Aber irgendwann ist Schlafenseit und es ging also mit einem etwas mulmigen Gefühl in Zelt – aber wie ihr seht haben mich die Wölfe dann doch nicht gefressen und man gewöhnt sich sehr schnell daran alleine im Zelt umringt von Wildniss die Nächte zu verbringen. Wenn ich aber darüber nachdenke hätte die Sache mit der Axt auch anders ausgehen können, da es bis zum nächsten Notfunkgerät 10 km zu paddeln gewesen wären – aber hätte hätte…

Am nächsten Tag hatte ich mich dazu entschieden der Daumenkuppe etwas Zeit zu geben sich zu erholen und nur 5 km bis zur nächsten Schutzhütte zu paddeln und den Tag in aller Ruhe dort zu verbringen und den Wald ein wenig zu erkunden in welchem man nach bereits 200 Metern wirklich ein bedrückendes Gefühl bekommt.

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An den Hütten ist es Brauch, wenn man dort übernachtet, ein Paddel zu schnitzen und über der Eingangstür aufzuhängen. Da ich Zeit hatte entschied ich mich auch eins zu schnitzen. Dabei gab es dann das zweite einschneidende Erlebnis in Form einer vom Messer etwas gespaltenen linken Zeigefingerkuppe. Das ganze sieht dann verbuden so aus.

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Fast zum Vollkrüpel auf die linke Hand bezogen mutiert hab ich das Paddel aber dennoch einigermaßen fertiggeschnitz und aufgehangen, aufgeben gibt es nicht!

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Langsam fing ich aber wirklich an zu schmunzeln und an mir zu zweifeln und dachte darüber nach von allen scharfen und spitzen Gegenständen auf der Tour die Finger zu lassen. Da auch für solche exzessiven masochistischen Selbstverstümmelungsversuche nicht genügend Pflaster dabei waren musste ich dann dazu übergehen selber welche aus Gewebeband und Papiertaschentüchern herzustellen.

Die folgenden Tage ging es dann von See zu See bei immer besser werdenden Wetter. Wenn man einen schönen Strand am Ufer gesichtet hatte, konnte man dort hervorragend Baden gehen und zeitweise über die spektakuläre Bergkulisse hinwegziehende Gewitter beobachten.

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Am Abend gab es dann meistens Wolkenspiegelungen im allglatten See und fantastische Sonnenuntergänge zu bewundern. Je nach Lust und Laune schwankten meine gepaddelten Kilometer pro Tag zwischen 4 und 30 Km.

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Die als Zeltplätze ausgewiesenen Stellen sind alle mit einem Käfig für die bärensichere Verpflegungsaufbewahrung ausgestattet. Die Käfige sollte man auch nutzen, da hier Unmengen an Schwarz- und Grizzlybären durch die Wälder streifen. Zusätzlich gibt’s ein stilles Örtchen. Wenn man Glück hat erwischt man so ein schön getarntes Open-Air-Plumsklo im Grünen.

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Da es noch außerhalb der Saison war trifft man tagsüber auf dem See wenn überhaupt ein bis zwei andere Kajaks und an manchen Tagen niemanden. Auch musste ich nur eine Nacht den Zeltplatz mit anderen teilen – sonst hatte ich meine Ruhe und die Plätze immer für mich alleine abgesehen von ein paar in der Nähe äsenden Elchen.

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Ihr fragt euch jetzt vielleicht was man 8 oder mehr Tage so isst. Hier meine persönliche kurze Antwort. Frühs Haferschleim mit Milchpulver – Mittags Garnichts oder einen Müsliriegel – Abends im Wechsel Spagetti oder Kartoffelbrei mit Tütensuppenpulver abgeschmeckt. Das ist nicht sehr abwechslungsreich aber hat Brennwert und alles für 12 Tage passt in diesen wasserdichten Packsack.

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Die Tage sind hier auch extrem lang. Die Sonne geht gegen 9 erst unter gefolgt von einer unglaublich langen Dämmerungsphase und um 5 schon wieder auf. Da ich in einer Nacht bereits um 4 wach war entschied ich mich den Sonnenaufgang zu beobachten, setzte mich in mein Kajak und paddelte auf den See hinaus. Der Lohn für das zeitige Aufstehen war dann dieses Bild auf dem es so aussieht als ob die Sonne den Gipfel sprengt.

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Am letzten Abend habe ich mir dann einen Zeltplatz mit terrassenförmigen Stellplatz über dem See und Sandstrand genemigt, also quasi das 4-Sterne-Hotel der Wildniss. Meine Angewohnheit um das Zelt herum barfuß herumzustiefeln fing ich an arg zu überdenken als dieser Kamerad auf einmal vor dem Zelteingang lag.

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Am Abend versuchte dann der Wettergott als Abschluss mir doch noch einmal zu Leibe zu rücken in Form eines bedohlich über den Bergkamm heranziehenden Gewitters.

Also entgegen dem was ein normaler Mensch machen würde erstmal mit dem Kajak raus auf den See und das Schauspiel beobachtet. Kurz bevor das Gewitter meinen Standort erreicht hatte hieß es dan fix zurück zum Zeltplatz, das trockene Feuerholz im bärensicheren Essenstahlkäfig in Sicherheit gebracht und schnell rein ins Zelt. Mein Timing stellte sich als Punktlandung heraus da es eine halbe Minute später sinnflutartig zu regnen anfing wie ich es selten erlebt habe.

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Aber es ist ein gemütliges Gefühl wenn man im Zelt sitzt, draußen die Welt unter zu gehen scheint und man in aller Ruhe die Route der letzten Tage in die Karte einzeichnet. Hier mein Kunstwerk als Foto mit allem das was so passiert ist.

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Einzig die Tatsache das mein Zelt nur 2 Meter von der Abbruchkante meiner aus Sand bestehenden Terrasse stand machte mir sorgen und ich hoffte nicht einen unfreiwilligen Freifahrtsschein eine Etage tiefer in den See zu erhalten – aber der Untergrund hat gehalten.

Am letzten Tag ging es dann in aller Ruhe durch Sumpflandschaft in Richtung Ausgangspunkt zurück, wo ich mich bei der Parkverwaltung abgemeldet und das Ruder bezahlt habe welches fast teurer war als das ganze Kajak 8 Tage zu mieten.

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Im Anschluss ging es per Anhalter zurück nach Wells wo ich die kommende Woche mit Bergtouren verbringen werde mit den Kanadiern die ich dort im Ort kennengelernt habe. Es wird also nicht langweilig hier.

Durchs Waldbrandgebiet zum Wildwasserrafting nach Lytton

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Nachdem ich zwei Tage mit Planung in Lillooet verbracht hatte ging es weiter mit dem Rad Richtung Lytton wo ich für den nächsten Tag eine Ganztagesraftingtour auf dem Thompsonriver gebucht hatte. Beim Checkout aus dem Motel wünschte mir der Rezeptionist noch alles Gute und wies mich darauf hin, dass in der Gegend um Lytton Waldbrände wüten. Ein wenig skeptisch machte ich mich dann aber dennoch auf den Weg die 80 km bis Lytton zu absolvieren. Auf halber Strecke konnte man dann schon den Rauch riechen und am Horizont eine sureal anmutende Mischung aus Wolken und Qualm sehen.

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Begleitet von emsig wie Bienen umherschwirrenden Löschhubschraubern erreichte ich am zeitigen Nachmittag Lytton. Die Waldbrände wüteten zum Glück auf der gegenüberliegenden Seite des Fraserrivers. Also keine akute Gefahr für die Stadt und mich, was der bedrückenden Stimmung aber dennoch keinen Abbruch tat.

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Nachdem ich mir die Löscharbeiten vom Flussufer etwas länger angesehen hatte ging es dann auf den Transkanada-Highway No.1.

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Ich ließ also die Rauchschwaden hinter mir und legte die letzten 10 km zum Raftingresort zurück wo ich über der „Canada Pacific Railway“ Bahntrasse mein Zelt aufgeschlagen habe. Die dort verkehrenden Güterzüge haben eine beachtliche Länge. Mehrere Dieselloks ziehen bis zu 120 Güter- oder Kohlewagons am Stück durch die hier wüstenartige Gebirgslandschaft. Ich weiß die Anzahl weil ich sie mehrfach gezählt habe.

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Am Abend gabs am Lagerfeuer dann Bekanntschaften mit einer ultravertratschten kanadischen mitte-vierziger-Frauengruppe sowie einem Firefighter der im nahegelegenen Waldbrandgebiet im Einsatz war. Alles in allem eine sehr amüsante Runde. Der Spaß ging am nächsten Tag dann weiter, da die Ladies mit von der Partie beim Rafting waren. Besonders die Nachmittagsrunde Motorbootrafting war vom Spaßfaktor eigentlich nicht mehr zu toppen und die Stimmung war im wahrsten Sinne des Wortes am überschwappen.

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Die Damen haben mir dann auch gleich noch angeboten mich und mein Rad mit in deren Heimatstadt nach Penticton zu nehmen, um von dort meine Tour fortzusetzen, was ich schweren Herzens abgelehnt habe, da dies nun ja mal die völlig verkehrte Richtung ist, da die Stadt fast an der US-Grenze liegt. Also habe ich mich wieder auf mein Rad geschwungen um die 150 km innerhalb von zwei Tagen durch den Wüstengürtel zwischen den Coastmountains und den eigentlichen Rockymountains bei 30 Grad nach Kamloops zurückzulegen.

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Die Hitze sowie die Anstiege waren nicht das Problem, sondern das starke Verkehrsaufkommen auf dem Highway No.1 welches doch stark an meinen Nerven gezerrt hat. Wie stark lässt glaube ich die Tatsache erahnen, dass ich dazu übergegangen bin mit Oropacks zu fahren. Ein weiterer Sachverhalt der beachtlich ist, ist der Energiebedarf der benötigt wird um Rad und Hänger durch die Botanik zu ziehen und sich in eimen exorbitanten Bedarf an Essen wiederspiegelt. Wenn man nach 3 großen „Subway“ Sandwiches, was zum Vergleich ungefähr 2 Dönern entspricht immer noch nicht satt ist, bringt einen das dann selber und vor allem das ungläubig schauende Personal des Imbiss doch zum grübeln.

Aber schlussendlich bin ich dann gut in Kamloops gelandet wo ich mich entschied meinem Reiseverlauf eine unverhoffte Episode hinzuzufügen. Was für eine Episode das ist erfahrt ihr im nächsten Blogeintrag.